
Gestern war der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Vor fast 20 Jahren wurde dieser Tag von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um die Gesellschaft an die Probleme behinderter Menschen zu erinnern. Und es kann jeden treffen. Der ehrenamtlich tätige Behindertenbeauftragte des Salzlandkreises Torsten Sielmon lud gestern in die Räumlichkeiten bei Prompt e.V. in Bernburg zu einer kleinen Gesprächsrunde mit behinderten Menschen und deren Angehörigen ein. Städte und Gemeinden schenken diesem Datum nur wenig Beachtung, deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Öffentlichkeit über die Belange von Betroffenen auseinandersetzt.
Wir müssen ein Signal an die Öffentlichkeit setzen, so Sielmon, in Gesprächen über Lösungsvorschläge diskutieren und vor allem Betroffene zu Wort kommen lassen. Ist der Salzlandkreis noch Behindertenfreundlich? Laut statistischen Bundesamts leben im Salzlandkreis rund 212.000 Einwohner, davon sind rund 10% Menschen mit Behinderungen. Selbsthilfegruppen und die Bernburger Schmerzhilfe können viele Probleme nicht lösen, denn diese liegen oft bei den Behörden.
Beispiele gab es viele, Beispiele die jeden Treffen können. Durch Stress und Mobbing am Arbeitsplatz, aber auch durch eine schwere Krankheit kann jemand seinen Arbeitsplatz verlieren, gekündigt aus dem Arbeitsverhältnis heraus. Nach dem Krankenzustand wird ein Behindertengrad von 50% bescheinigt. Jedoch findet sich kein Behindertengerechter Arbeitsplatz, alle Eingliederungsversuche wurden abgelehnt. Trotz Förderungen des Integrationamtes für die Einstellung in Betrieben von Menschen mit Behinderung keine Chance. Oftmals verlieren Betroffene die Kraft, weiter zu kämpfen. Nur durch direkten Kontakt vor Ort, beispielsweise in den Abgeordnetenbüros vor Ort ist Hilfe möglich. Die Gesprächsrunden helfen, Möglichkeiten für die Antragsstellung zu finden.
Einige Anliegen wurden auch bei der Stadt vorgetragen, jedoch wurden die Betroffenen an den ehrenamtlich tätigen Behindertenbeauftragten verwiesen. Ein katastrophaler Zustand, ist Sielmon doch der einzige Behindertenbeauftragte im gesamten Salzlandkreis.
Was sich viele Menschen nicht Vorstellen können, sind oftmals die kleinen Dinge und Probleme von Behinderten. Eine Mutter von zwei Kindern berichtete, dass Sie bei einer Sehkraft von 15 % keinen Busfahrplan lesen können, da diese viel zu klein gedruckt sind. Hinzu kommt, dass manche Busfahrer nicht einmal helfen. Ein weiteres Problem für die Mutter ist, dass die Kinderstation im Krankenhaus Aschersleben untergebracht ist, am Wochenende gibt es da große Probleme, da kein Bus fährt und das Geld für ein Taxi nicht immer da ist.
Es fehlt einfach eine konkrete Behördenwegweisung und die persönliche Betreuung der Mitarbeiter vor Ort, Zuhause bei den behinderten Familien. Noch größer werden die Probleme mit dem Umzug des Sozialamtes nach Aschersleben.
Auch wenn es positive Meldungen für Menschen mit Behinderungen gibt, wie beispielsweise der Ausbau des Bahnhofes in Bernburg oder der behindertengerechte Umbau des Rathauses in Bernburg, doch diese können nicht über die eigentlichen Probleme hinwegtäuschen.
Ein weiteres Problem sind Barrierefreihe und behindertengerechte bezahlbare Wohnungen, die in den Innenstädten einfach fehlen. Inklusion, ein Prozess der nicht von heute auf morgen funktioniert. Inklusion, viel mehr als kleine und doch große Probleme.
Und so bleiben viele Fragen offen, Wohnungssuche, Arbeitssuche, Bußfahrpläne, Behörden, Arbeitslosigkeit bis hin zur Hilflosigkeit. Behinderte müssen ihr Recht mit Nachdruck einfordern und neue Wege suchen, mit den Absagen von Behörden umzugehen. Deshalb stellt sich zurecht die Frage: Ist der Salzlandkreis noch Behindertenfreundlich?