„Rechnerisch hat sich die Schere zwischen Ausbildungssuchenden und Ausbildungsplätzen im Berufsberatungsjahr 2011/2012 geschlossen. Aktuell sind 80 junge Menschen im Bezirk der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg noch auf Lehrstellensuche – 201 Ausbildungsstellen konnten noch nicht besetzt werden“, bilanziert Gerlinde Schlauch, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg, das abgelaufene Beratungsjahr.
Im Salzlandkreis suchten 1.415 Jugendlichen eine Ausbildungsstelle, davon blieben 53 junge Menschen unversorgt. Von den Unternehmen wurden dem Arbeitgeber-Service 917 Ausbildungsstellen gemeldet, die es zu besetzen galt. Insgesamt 51 Ausbildungsstellen konnten nicht besetzt werden. Die Relation zwischen Ausbildungsstelle je Bewerber betrug 0,65.
„Die Situation erscheint paradox, einerseits suchen Unternehmen händeringend Auszubildende, andererseits bleiben ausbildungssuchende Jugendliche – teilweise mehrere Jahre in Folge – ohne betriebliche Lehrstelle. Ein vollständiger Ausgleich von Angebot und Nachfrage scheint kaum möglich. Lehrstellenvakanzen verdienen jedoch unsere besondere Aufmerksamkeit. Einerseits droht ein zukünftiger Fachkräftemangel, durch anstehende Verrentungswellen und die demografische Komponente, andererseits bleiben Qualifizierungschancen durch unbesetzte Lehrstellen ungenutzt“, analysiert Schlauch.
„Die Demografie ist voll in der Realität unserer Unternehmen angekommen. Ständig sinkende Bewerberzahlen, die aus sinkenden Schulentlasszahlen resultieren, bedeuten für die Unternehmen immer schwierigere Akquirierungsbedingungen“, so Schlauch weiter. Im Laufe des Jahres wurde aber immer deutlicher, dass möglicherweise mehr Ausbildungsstellen, als bisher gewohnt, unbesetzt bleiben werden. Dies trifft insbesondere den Mittelstand hart, der meist für den eigenen Bedarf ausbildet. „Da Anforderungen der Arbeitgeber an die Jugendlichen oftmals nicht mit den Fähigkeiten der Bewerber übereinstimmen, zeigen sich die Unternehmer immer häufiger kompromissbereit, wenn es mal nicht der Bewerber der ersten Wahl wurde“, erklärt Schlauch.
Im Berufsberatungsjahr 2011/2012 suchten insgesamt 2.885 Jugendliche eine Ausbildungsstelle. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Bewerber um 2 Prozent (minus 58 Jugendliche) zurück. Damit schuf der demografische Faktor natürlich einerseits die günstigste Relation seit 1991 zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt, andererseits aber auch eine dramatische Situation was den sich abzeichnenden Mangel an zukünftigen Fachkräften betrifft.
Das Angebot an Ausbildungsstellen stieg insgesamt um 3,7 Prozent (104 Ausbildungsstellen) auf 2.927 Ausbildungsstellen. Besonders deutlich wurde der Anstieg bei den betrieblichen Lehrstellen, die um 6,3 Prozent (157 Ausbildungsstellen) auf 2.647 Ausbildungsstellen anstiegen.
„Mit einer Relation von 1,01 (Lehrstelle zu Bewerber) ist dies das günstigste Verhältnis seit über 19 Jahren“, so Schlauch weiter. Auffallend war auch in diesem Jahr eine zeitliche Verschiebung auf dem Ausbildungsmarkt. Viele Bewerber hatten wesentlich früher ihren Ausbildungsvertrag in der Tasche. Unternehmen meldeten schon im Winter und im Frühjahr ihre Bedarfe.
„So ist aus der „Lehrstellenlücke“ der letzten Jahre eine „Qualitätslücke“ geworden und stellt damit besondere Anforderungen sowohl an die Unternehmen als auch an unseren Vermittlungsprozess“, charakterisiert Schlauch die neue „Schere“ am Ausbildungsmarkt. „Wir werden noch gezielter unsere Unterstützungsmöglichkeiten anbieten, von der vertieften Berufsorientierung über berufsvorbereitende Förderungen und einer stärkenorientierten Ausbildungsvermittlung für die Region“. Dabei wollen wir die Berufsorientierung zukünftig gezielt nach einzelnen Branchen im Fokus haben, um die Akteure auf dem Ausbildungsmarkt, wie z. B. Unternehmen, stärker mit einzubeziehen.
„Die Ergebnisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es uns im sogenannten „fünften Quartal des Berufsberatungsjahres“ – in der Nachvermittlungsaktion - gelingen wird, jedem, der motiviert und gewillt ist, ein Angebot zu unterbreiten. Dies ist sowohl eine Chance für unversorgte Jugendliche, als auch für bisher unbesetzte Lehrstellen“, so Schlauch abschließend.
Kurzübersicht zum Ausbildungsmarkt im Agenturbezirk Dessau-Roßlau-Wittenberg
Das Berufswahlverhalten der jungen Frauen und Männern ist immer noch von tradierten Rollenbildern geprägt. Bei den jungen Frauen gehören zu den Top 3 der Berufswünsche die Bürokauffrau, Verkäuferin und Kauffrau im Einzelhandel. Bei den jungen Männern wird die Liste der Top 3 ebenfalls mit dem Berufswunsch als Bürokaufmann angeführt, gefolgt von dem Kfz.-mechatroniker (PKW-Technik) und dem Fachlagerist.
Top 10 der Wunschberufe
Rang Beruf Bewerber
1 Bürokaufmann/-frau 520
2 Verkäufer/-in 201
3 Kaufmann/-frau im Einzelhandel 159
4 Kfz.mechatroniker - PKW-Technik 114
5 Fachlagerist/-in 111
6 Industriemechaniker/-in 80
7 Koch/ Köchin 68
8 Industriekaufmann/-frau 60
9 Verwaltungsfachangest.- Kommunalverwaltung 59
10 Mechatroniker/-in 44
50,9 % übrige Berufe 1.469
Top 10 der gemeldeten Ausbildungsstellen
Rang Beruf Ausbildungsstellen
1 Koch/ Köchin 144
2 Bürokaufmann/-frau 144
3 Verkäufer/-in 138
4 Kaufmann/-frau im Einzelhandel 110
5 Konstruktionsmechaniker/-in 97
6 Industriekaufmann/-frau 93
7 Industriemechaniker/-in 90
8 Mechatroniker/-in 85
9 Restaurantfachmann/-frau 77
10 Fachlagerist/-in 73
64,1 % übrige Berufe 1.876
Besondere Schwierigkeiten in der Besetzung der gemeldeten Ausbildungsstellen hatten wir in den Berufen, z. B. Koch/ Köchin, Elektroniker/in Fachrichtung Energie und Gebäudetechnik, Kunststoffverarbeiter/in, Restaurantfachfrau/man.
Landkreis Wittenberg
Im Landkreis Wittenberg suchten 731 Jugendlichen eine Ausbildungsstelle, davon blieben 8 junge Menschen unversorgt. Von den Unternehmen wurden dem Arbeitgeber-Service 872 Ausbildungsstellen gemeldet, die es zu besetzen galt. Insgesamt 34 Ausbildungsstellen konnten nicht besetzt werden. Die Relation zwischen Ausbildungsstelle je Bewerber betrug 1,19.
Stadt Dessau-Roßlau
Im Stadtgebiet Dessau-Roßlau suchten 449 Jugendlichen eine Ausbildungsstelle, davon blieben 24 junge Menschen unversorgt. Von den Unternehmen wurden dem Arbeitgeber-Service 735 Ausbildungsstellen gemeldet, die es zu besetzen galt. Insgesamt 84 Ausbildungsstellen konnten nicht besetzt werden. Die Relation zwischen Ausbildungsstelle je Bewerber betrug 1,64.