
Als Luisa Garthof von den letzten Wünschen erzählt, die sie schon mit ihren Kollegen vom ASB-Wünschewagen erfüllen konnte, hat sie mitunter kleine Tränen in den Augen, was aber durchaus auch mit der Erkältung zu tun haben kann, mit der sie an diesem Nachmittag zu kämpfen hat. Gut 30 interessierte Zuhörer sind am 11. April im Musiksalon des Lutzestifts versammelt und lauschen den Ausführungen der beiden Koordinatorinnen, denn zunächst erläutert Christiane Patzer vom Ambulanten Hospizdienst Köthen kurz die Arbeit ihrer Ehrenamtlichen, die sie auch mit dem Team des Wünschewagens in Kontakt brachte. So war es ein altes Ehepaar aus Köthen – er, 92, lag auf der Intensivstation in der Köthener Klinik, sie nach einem schweren Schlaganfall in einer 100 km entfernten Rehaklinik, beide seit 62 Jahren verheiratet – das unbedingt ein letztes Mal die Hand des Anderen halten wollte, das die beiden Teams zusammenführte. Freitagfrüh begann die Planung der Fahrt, am Sonntag fuhr er, obwohl bettlägerig, zu ihr, da sie noch sehr geschwächt war – nicht einmal vier Tage später verstarb er…
Sie erzählt noch weitere Geschichten, die einen mitunter nur atemlos dasitzen lassen: Von der Liegendfahrt durch Schloss Wernigerode, vom Böhse-Onkelz-Konzert, das an der Ostsee endet, dem Konzert in der Elbphilharmonie, der Familienzusammenführung im Brandenburgischen oder einer letzten Erneuerung des Eheversprechens – deutschlandweit erfüllen die größtenteils ehrenamtlich Mitarbeitenden Menschen in ihrer letzten Lebensphase einen besonderen Herzenswunsch. Die Fahrten sind für die Passagiere und Begleitpersonen kostenlos – der jüngste war übrigens gerade mal 5 Jahre alt, der älteste der 92-jährige Köthener. Es müssen zwar etliche Kriterien erfüllt werden und am Ende entscheidet der behandelnde Arzt, ob der Gesundheitszustand der Patienten die Fahrt erlaubt, aber bisweilen muss es auch ganz schnell gehen und manchmal ist es leider schon zu spät. Auch davon wissen Frau Patzer und Frau Garthof zu berichten…
Nach den einleitenden Worten der Koordinatorinnen wollen die Besucher das Wunsch-Gefährt natürlich auch einmal selbst in Augenschein nehmen. Hinter dem Lutzstift ist der Wünschewagen geparkt und schnell umringt. Er sieht nicht einmal von außen aus wie ein Krankenwagen und erst recht nicht im Innern: Blaue und weiße Farben herrschen vor, sogar auf der Bettwäsche, ein Sternenhimmel aus blauen Lichtern über der Liege, dazu eine Rundumverglasung, die einen Panoramablick in die Umgebung erlaubt. Alle notwendigen medizinischen Geräte sind dezent verdeckt, damit auch wirklich nichts auf einen Krankentransport verweist. Sogar eine kleine Bar findet sich, aus der Frau Garthof eine Pikkoloflasche Sekt hervor holt. Ja, auch das ist möglich, wenn gewünscht.
Alle sind sich am Ende einig: Es ist gut, dass es so etwas gibt und es sollte viel mehr genutzt werden. Und darum waren die Damen vom ASB-Wünschewagen auch eingeladen vom Ambulanten Hospizdienst der Kanzler von Pfau’schen Stiftung, obwohl beide Mitbewerber im Pflegebereich sind. Denn es geht beiden um das Wohl der ihnen anvertrauten Menschen - auch oder besonders am Lebensende.
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