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Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

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Ein Kommentar von Manfred Sprinzek, Präsident des VHdS e.V., Halle (Saale). Mit einem besonders spitzen Bleistift und wenig Weitblick haben Experten im Auftrag des Bundes in diesem Jahr ein Gutachten zum geplanten Saalekanal in SachsenAnhalt zu Papier gebracht. Nicht zum ersten Mal! Schon 2004 waren die PLANCOAnalytiker an gleicher Stelle am Werk. Beide Male hatten sie das zu erwartende Transportaufkommen auf der Saale zu bewerten.

2004 wird das mit immerhin rund 1,5 Millionen Tonnen bis 2015 beziffert. Beim neuesten Gutachten sieht das jedoch ganz anders aus: Die Angabe schwankt zwischen einem Minimum von 230 000 Tonnen und einem Maximum von 560 000 Tonnen. Mich hat der Blick in das aktuelle Papier enttäuscht. Ich möchte sogar sagen, entsetzt! „Der Kanal ist nicht wirtschaftlich“ sagen also die Gutachter der PLANCO Consulting GmbH aus Essen. Als Belege für ihre Schlussfolgerung stellen sie teilweise abstruse Rechnungen an. Es drängt sich einem der Eindruck auf, PLANCO habe scheinbar wegen der Zeitnot, in der der Prüfbericht längst steckte, offene Posten einfach mit Nullen gefüllt. Das spielte offensichtlich dem Auftraggeber in die Karten. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Das Land Sachsen Anhalt hält dagegen, denn im Magdeburger Landesverkehrsministerium ist man weiter vom Kanalbau überzeugt. Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung, und so konterte Verkehrsminister Thomas Webel Ende August mit einer eigenen Bewertung für den Saalekanal. Und die stellt die andere nahezu komplett infrage.

 

Was war bei PLANCO schiefgelaufen? Rechenfehler? Fehleinschätzungen? Realitätsverlust? Die Analytiker hatten Tonnagen zu berechnen und zu bewerten, die auf dem geplanten Kanal befördert werden sollen. Dafür haben sie die Großunternehmen analysiert, die an der Saale ansässig sind und teilweise seit Jahren darauf hoffen, endlich per Binnenschiff transportieren zu können. Herausgekommen ist eine Farce. So werden dem Hafen Halle, für dessen Ausbau man auch gutachterlich tätig war, unglaubliche Null Tonnen Transportaufkommen bescheinigt. Wie kann das sein? Ein Unternehmen mit dem Wort „Hafen“ im Namen soll nicht eine einzige Tonne Fracht auf ein Schiff verladen? Absurd. Wie hat man also mit zwei völlig gegensätzlichen Bewertungen zum Saalekanal umzugehen?

 

Ganz einfach. PLANCO muss nochmal ran. Nochmal rechnen, bewerten und prüfen. Hier stehen große Korrekturen und an deren Ende neue Schlussfolgerungen an. PLANCO muss seine Unabhängigkeit neu unter Beweis stellen und glaubhaft machen, dass sich seine Gutachten nicht nach der jeweiligen Koalitionszusammensetzung beim Bund richten! Bleibt also ein fahler Beigeschmack. Für mich, der seit Jahren für den Saalekanal kämpft, agiert der Bund in der Kanalfrage unglücklich. Man schiebt ein offensichtlich falsches Gutachten vor´s Loch und jongliert mit Zahlen, die selbst den größten Laien zum Skeptiker machen. Mir fällt dazu Christian Morgenstein ein. „Und er kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“


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